Tabula Peutingeriana
von IN, EA, OE
Die Tabula Peutingeriana ist eine 1265 von einem Mönch angefertigte Straßenkarte.
Die Karte, die aus 11 Teilen besteht, wurde auf eine 34cm hohe und 674cm lange Pergamentrolle gemalt.
Erstmals zeigte die Tabula Peutingeriana das gesamte den Römern in der Antike bekannte Gebiet. Es umfasst die britischen Inseln im Westen sowie Indien im Osten.
Auf der Karte sind abgebildet:
- Städte, je nach Größe durch verschieden große Gebäude unterschiedlich dargestellt,
- Straßen, die mit Längenangaben versehen wurden,
- Flüsse und Meere, wie zum Beispiel das Mittelmeer.
Das Zentrum der Karte bildet Rom. Dorthin verlaufen sternförmig zwölf Straßen. Des Weiteren fällt beim Betrachten der Karte ins Auge, dass im Westen deutlich mehr Straßen und Städte eingezeichnet sind als im Osten. Vermutlich kommt das daher, dass der Ersteller der Karte sich im Westen deutlich besser auskannte als im Osten.
Zudem fällt bei Betrachtung der Karte das markante Format ins Auge, da die Welt langgezogen erscheint. Dadurch wird die Karte stark verzerrt, und eine geographisch korrekte Darstellung der Flüsse, Meere und auch der Lage der Städte ist nicht mehr möglich.
Somit lässt sich darauf schließen, dass die Tabula Peutingeriana nicht dazu diente, eine objektive und geographisch richtige Darstellung der Welt zu präsentieren, sondern vielmehr eine Straßenkarte des Römischen Reiches war, welche den Reisenden die Entfernungen zwischen den Städten zeigen sollte.
Obwohl das Ziel der Karte nicht war, die Welt geographisch korrekt darzustellen, sind doch einige Fehler auffällig, zum Beispiel fehlt die Inselgruppe Malta.
Da auf der Karte ebenfalls der Ort Pompeji abgebildet ist, der im Jahre 79 n.Chr. beim Ausbruch des Vesuvs zerstört wurde, lässt sich vermuten, dass die Karte einerseits immer wieder aktualisiert wurde und dass andererseits die erste Version noch vor 79 n.Chr. entstanden sein muss.
Erklärung zur Navigation der Karte:
Die unten abgebildete Karte funktioniert wie folgt:
- Sie können sich die Karte ansehen und dabei näher heran und weiter weg zoomen;
- Sie können auf die blau hinterlegten Felder klicken und zu einigen Städten und Sätzen, die auf der Karte zu sehen sind, nähere Informationen erhalten;
- wenn Sie eine Stadt oder einen Satz angeklickt haben, können Sie zum Teil nochmals auf den, in orange geschriebenen, Namen klicken, um detaillierte Informationen dazu zu erhalten.
Auf diesem Teil der Karte sieht man:
Iran, Afghanistan, Pakistan, Sri Lanka, Indien, Bangladesh und China
Die anderen Teile finden Sie in der Navigationspalte.
Narrative und Ziele der Tabula Peutingeriana:
Obwohl unklar ist, wann genau die Tabula Peutingeriana entstanden ist, lassen sich aus der Darstellung der Welt bestimmte Ziele und Narrative ableiten.
Nach dem äußeren Erscheinungsbild kann die Karte sowohl praktischen als auch propagandistischen Zwecken gedient haben.
Für ersteres spricht, dass die Karte das römische Straßennetz von 200.000 Straßenkilometern äußerst detailliert und Entfernungen zwischen einzelnen Städten fast schon peinlich genau beschreibt. Die Entfernungen sind in römischen Meilen (1.480m) angegeben, mit Ausnahme von Gallien, wo die Gallische Leuge (2.220m) verwendet wird, und in der persischen Welt, wo der Parasang (etwa 5.000m) erscheint. Trotz dieser Ausnahmen wird so schon der römische Blick auf die bekannte Welt hervorgehoben. Da sie auch Informationen über Übernachtungsmöglichkeiten, Pferdewechselstationen oder sogar Sehenswürdigkeiten liefert, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um eine Karte für Kaufleute handeln könnte. Jedoch ist diese Interpretation umstritten, da sie aufgrund ihrer schieren Größe im alltäglichen Gebrauch höchst unhandlich gewesen wäre. Die Existenz von Widersprüchen und Irrtümern bedeutet aber dennoch nicht, dass die Karte für Reisende nicht nützlich gewesen sein könnte. Obwohl sie mit unseren modernen und akkuraten Standards nicht übereinstimmt, war sie in der Antike vermutlich doch eine der informativsten Weltkarten.
Der Zweck und das Ziel des unbekannten Herstellers der Karte sind dennoch weniger als praktisch oder geographisch, sondern in erster Linie als künstlerisch und repräsentativ einzustufen. Zunächst spiegelt die Karte die antike Vorstellung der Welt wider, da die ganze dargestellte Welt von Wasser umgeben ist und somit die antike Vorstellung aufgreift, dass die bekannte Welt inmitten eines einzigen Weltmeeres liegt.
Gerade die „römische Brille“, durch die auf die Welt geblickt wird, wird bei genauer Betrachtung der Karte deutlich. Im Zentrum der Karte und somit im Zentrum der ganzen Welt liegt Rom, genauso sind die einzigen der zahlreichen Straßen, die einen Namen tragen („Via“), die zwölf Straßen, die nach Rom führen. Das Motto „alle Wege führen nach Rom“ zeigt sich also deutlich in dieser Darstellung. Ihre Betrachter waren also eingeladen, die Reichweite römischer Macht und Zivilisation, eindrucksvoll und in schillernden Farben gezeichnet, zu bestaunen. Dafür spricht auch, dass der Kartograph den verschiedenen Völkern und Orten, die zum römischen Herrschaftsgebiet gehörten, besondere Aufmerksamkeit widmet.
Außerdem richtet die Karte ihr Hauptaugenmerk auf die römische Welt. Ein Großteil der Städte, die auf der Tabula Peutingeriana dargestellt werden, befinden sich, würde man sie auf eine moderne Weltkarte übertragen, im Gebiet des Kontinents Europa. Je weiter nach Osten man geht, desto spärlicher und weniger präzise werden die präsentierten Informationen. Dies könnte einerseits damit zusammenhängen, dass das Wissen über den chinesischen Kontinent noch nicht vorhanden war. Die Römer trieben zwar seit etwa dem 1. Jh. n.Chr. Handel mit China, um vor allem Zugang zu dem begehrten Luxusgut Seide zu bekommen, dennoch besaßen nur einzelne Händler detailliertes Wissen über den östlichen Teil der Welt, was der römischen Bevölkerung verwehrt war. Beschreibungen über legendäre Orte oder Völkerschaften („an diesen Plätzen sind Elefanten zu finden“) dienten daher vermutlich dazu, mangelndes Wissen über diese zu verschleiern.
Gerade im historischen Kontext der Entstehung der ursprünglichen Karte, nämlich in der letzten Version dem 4. Jh. n.Chr., erhält diese Darstellung römischer Macht noch eine zweite Dimension. Mit der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustus durch Odaker 476 n.Chr. war der Untergang des weströmischen Reiches besiegelt, der sich schon in mehreren andauernden Krisen angekündigt hatte. Daher könnte die Karte vielleicht auch ein Zeichen der Hoffnung nach dem Wiederauferstehen des Imperium Romanum sein. Sie mochte den römischen Betrachter an die glanzvolle Vergangenheit und Gegenwart Roms erinnern und das Narrativ erzeugen, dass diese Größe auch in Zukunft Bestand haben würde. Zusammenfassend gesagt, diente die „Peutinger Karte“ also der Verherrlichung Roms und Darstellung seiner immerwährenden Macht.
Bildquelle: Wikimedia Common, (19.7.21)
Literatur:
TABULA PEUTINGERIANA, section 11: Persia, Media, Bactria, Hyrcania, India, Taprobane, Sina, abgerufen unter: https://www.euratlas.net/cartogra/peutinger/11_india (18.07.2021)
TABULA PEUTINGERIANA, section 10: Armenia, Syria, Mesopotamia, Adiabene, Characene, abgerufen unter: https://www.euratlas.net/cartogra/peutinger/10_mesopotamia (18.07.2021)